Der Treffpunkt - ein Zuhause für die jungen Familien
(
Marion Uhle-Fassing erinnert sich ...)

Anfang 1980 kam ich erstmals durch die Vermittlung einer Bekannten in den Treffpunkt.


Zuvor hatte ich bereits zwei Jahre in Hattersheim gewohnt. Abgesehen von unseren unmittelbaren Nachbarn kannte ich in unserer Stadt kaum jemanden. Mein erster Sohn wurde 1978 geboren und die ersten 1 ½ Jahre seines Lebens war ich weiterhin berufstätig. Mein Mann und ich waren in unserem Freundes- und Kollegenkreis die einzigen, die ein Kind hatten und unser Alltagsleben war mit Julians Geburt natürlich ein ganz anderes geworden. Gerne hätten wir Kontakt zu anderen jungen Eltern gehabt und für unser Kind gleichaltrige Spielkameraden.

Im Spielkreis wurden wir herzlich aufgenommen. Das Mindestalter für die Aufnahme lag damals bei ca. einem Jahr. Zweimal in der Woche trafen wir Mütter uns mit den Kindern, einmal gemütlich eng in den zwei kleinen Räumen im Erdgeschoss des grünen Hauses und einmal im Foyer der Stadthalle, später auch im neu eröffneten Posthof. Der Treffpunkt wurde jedoch unser eigentliches Zuhause.

Fassing 1980

Anfangs gehörte mein Sohn noch zu den Kleinsten, bald jedoch wechselten einige Kinder in den Kindergarten und so gehörten wir bald zu den „Großen“ bzw. „alt erfahrenen“ Spielkreismüttern.

Es gab im Spielkreis bestimmte Abläufe, die mehr oder weniger strikt eingehalten wurden: Das Treffen wurde mit Kreis- und Singspielen begonnen, dann wurde gemeinsam gefrühstückt, anschließend beschäftigten wir die Kinder mit den mitgebrachten Spielsachen oder bastelten (Bilder aus Herbstlaub und Mehlpapp waren in der entsprechenden Jahreszeit groß in Mode). Zwei Mütter waren zum Dienst mit den Kindern eingeteilt. Die anderen konnten, wenn sie wollten und es die Kinder zuließen, auch einmal kurz weggehen oder sich im „Mütterzimmer“ unterhalten. Allerdings saßen wir dann meistens doch alle zusammen. Aufgeräumt haben wir wiederum gemeinsam.

Einmal im Monat trafen wir Mütter uns abends in einem Hattersheimer Lokal und überlegten uns ein Programm für den kommenden Monat. Wir unternahmen gemeinsame Ausflüge zu den Hattersheimer Spielplätzen und in die nähere Umgebung (mit dem Fahrrad, ein Auto hatte kaum jemand von uns). Oder wir feierten hin und wieder am Wochenende dann auch mit den Vätern. Unvergessen sind für mich auch unsere Reisen auf Bauerngasthöfe nach Niedermoos im Vogelsberg oder Oberostern im Odenwald. (Es war gar nicht so einfach, für ca. 10 Frauen und ca. 16 Kinder eine Unterkunft zu finden.) Unsere Sprecherin war damals Madlen Rusche, die mit manchen Ideen den Anstoß zu diesen Aktivitäten gab, die uns noch näher zusammenbrachten. Auch die Väter befreundeten sich untereinander und fuhren einmal im Jahr mit den Sprösslingen über ein verlängertes Wochenende zum Zelten.

Die meisten Spielkreiskinder waren im Herbst 1980 noch Einzelkinder, allmählich wurden jedoch immer mehr Geschwisterkinder geboren, die von Geburt an mit dem Spielkreis aufwuchsen. Unser jüngerer Sohn Jasper erlebte mit drei Wochen die Nikolauasfeier im grünen Haus. Von dem Schnupfen, den er sich dabei holte, hat er sich dann monatelang nicht erholt.

Wir waren anfangs der einzige Spielkreis im Treffpunkt, außerdem hatte noch das Mittwochsnachmittags-Café für alle Frauen geöffnet, die Lust hatten, mit anderen zusammenzukommen. Hier begegnete ich auch noch den Treffpunktfrauen der ersten Generation: Marlene Stammnitz, Margit Müller, Elke Reinhardt, Anne Staudt und andere.

Für meine Familie war das der Beginn, sich in Hattersheim heimisch zu fühlen. Wir trafen viele nette Menschen und schlossen Freundschaften, die bis heute bestehen. Einige Jahre später wollten wir auf keinen Fall mehr aus Hattersheim wegziehen. Gerade für Familien, die ursprünglich nicht aus Hattersheim stammten, war das grüne Haus ein wichtiger Anziehungspunkt. Die anderen Treffpunkt-Frauen bildeten für uns mit der Zeit das soziale Netz, das die Alteingesessenen auf natürliche Weise hatten. Zu wem konnte man/frau ihr Kind bringen, wenn sie etwas zu erledigen hatte oder selbst krank war? Den meisten von uns fehlten die Großeltern oder die freundlichen Nachbarn für kurzfristige Notsituationen. Die Kinder, die keine Geschwister hatten, fanden Kinder unterschiedlichen Alters zum Spielen. Für sie war es die Möglichkeit, sich von klein auf und noch wohlbehütet unter mütterlichem und manchmal auch väterlichem Einfluss auf andere kleine und große Menschen einzustellen.

Marion Uhle-Fassing
(Geschrieben für die Festzeitschrift 2006 “30 Jahre Grünes Haus”)

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