Anfangs war es eine Idee (Marlene Stammnitz erinnert sich...)
Es begann mit einem Gesprächskreis „Das Kind im Trotzalter“, den der Verein für Volksbildung in seinem Frühjahrsprogramm 1976 ankündigte. Das Angebot richtete sich an Eltern von Kindern im Alter von 1½ bis 3 Jahren. Im Text stand „Bei Interesse wird ein offener Spielkreis eingerichtet.“ Am 15.3.1976 erschien ein gutes Dutzend Frauen und ein Mann. Die Diskussion war lebhaft. ch hatte damals die Leitung des Kreises übernommen und registrierte mit Freude, dass außer mir noch einige weitere Frauen „noch viel mehr“ wollten als einen Spielkreis.Zu viert, außer mir Leonore Niekel, Elke Reinhardt und Angela Stotz, wechselten wir dann nach Kursende spätabends in die Reinhardtsche Wohnung im Schillerring und redeten uns „warm“. Am Ende stand fest: Wir wollten einen festen „Treffpunkt“ für Eltern und Kinder.

Für den Spielkreis hatte die Stadt dem Verein für Volksbildung rasch und unkonventionell das Foyer der Stadthalle zur Verfügung gestellt. Aber das war nicht ideal. Zudem wollten wir über die Spielkreise hinaus – weitere gab es in Okriftel und bald auch in Eddersheim – Angebote machen. Ich erinnere mich gut, wie wir unser Anliegen begleitet von den Kindern, im Rathaus dem damaligen Bürgermeister Norbert Winterstein vortrugen. Er hörte uns an, konnte aber nichts versprechen. Er habe da aber eine Idee, sagte er.
Es dauerte gar nicht lang – da empfing der Verein für Volksbildung einen Brief des Bürgermeisters, in dem dieser eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses „In den Untergärten“ für unsere Zwecke in Aussicht stellte. Im 1. Stock des „grünen Hauses“ wohnte damals noch eine freundliche italienische Familie. Dass die Familie in dem Haus wohnte, war ein Glücksfall. Sie sorgte für einen gewissen Schutz, und wegen der ausgeprägten Kinderliebe gab es nie Reibungspunkte.

Die Stadt bot dem Verein für Volksbildung die Wohnung mietfrei an und sagte Unterstützung bei Betriebskosten und Instandhaltung zu. Für Renovierung und Unterhaltung sollten wir sorgen. Ein Loblied möchte ich heute noch auf einige handwerklich begabte Väter der Okrifteler Spielkreiskinder singen, die aus den 2 Räumen, der Küche, dem Flur und der Toilette ein ansehnliches Quartier machten.

Parallel dazu lief die Werbeaktion. Ein warmer Sommer begünstigte die Direktanspache von potentiellen Interessentinnen im Hattersheimer Schwimmbad. Jeder warb überdies im Nachbar– und Bekanntenkreis. Die Zahl der Frauen, die Mitglieder des „Treffpunktes“ werden wollten, stieg innerhalb weniger Monate auf 70.

Im Juli 1976 wurde die Organisation festgelegt.

  • Die Gruppe schließt sich dem Verein für Volksbildung als Untergruppe an, gründete also keinen eigenen Verein.
  • Die Gruppe wählt ein eigenes Leitungsteam (Technik/Instandhaltung, Kasse/Einkauf, Veranstaltungen, Koordination, Vertretung nach außen)
  • Die Untergruppe richtet ein eigenes Konto und eine eigene Kasse ein; die Prüfung obliegt den Rechnungsprüfern des Vereins für Volksbildung.
  • Die Mitglieder der Untergruppe „Treffpunkt“ zahlen einen Mitgliedsbeitrag von 24 DM jährlich.

Unabhängig von diesen Regularien tüftelten wir in kleinen und größeren Kreisen am „Innenleben“, mit dem wir nach dem Eröffnungstermin 1. September 1976 „alle Hattersheimer“ beglücken wollten.

Anfangs waren wir sehr ehrgeizig. Dreimal wöchentlich sollte der „Treffpunkt“ für jedermann geöffnet sein: Dienstagmorgen, Mittwoch- und Donnerstagnachmittag. Außerdem sollten vier abendliche Gesprächskreise angeboten werden:

    • Frauengesprächskreis: / 1. Donnerstag im Monat
    • Stammtisch für berufstätige Frauen: / 2. Donnerstag im Monat
    • Gesprächskreis für Erziehungsfragen: / 3. Donnerstag im Monat
    • Club für Frankreichfreunde: / Letzter Mittwoch im Monat

Ohne das unermüdliche Engagement vieler Frauen wäre das nie gelaufen. Aber es lief. Es gab einen Dienstplan. Immer 2 Frauen waren verantwortlich. Bei den nachmittäglichen Öffnungszeiten brachte jede einen selbst gebackenen Kuchen mit. Die Frauen kochten Kaffee, kassierten, wuschen das Geschirr ab, räumten auf, kehrten und machten die Toiletten sauber. Man kann nicht gerade sagen, dass sich jemand nach dem Dienst drängelte, aber es gab auch keine Engpässe. Und weil keiner zu häufig drankam, gab es im Grunde auch kein Murren. Ähnliches galt für den Putzdienst, also das gründliche Saubermachen, obwohl sicher keiner von uns das besonders nett fand.

Es herrschte Aufbruchsstimmung. Wir waren alle froh, dass wir den „Treffpunkt“ hatten. Ganz überwiegend waren die Frauen bzw. Familien, die sich hier engagierten, Neubürger. Mit einem Mal hatte man ganz viele Bekannte, gewann unter diesen Freunde und fand  Spielkameraden für die Kinder.

In den beiden kleinen Räumen herrschte zuweilen drangvolle Enge. Begünstigt wurde der Zulauf zudem durch den wundervollen Spielplatz, den die Stadt vor dem „Treffpunkt“ anlegte. Im Folgesommer saßen die Mütter, die Kleinen stets im Blick, an einem riesigen robusten Holztisch neben dem Haus. „Neue“ erschienen, aus den Nachbargemeinden und aus größerer Entfernung besuchten uns Frauen, die Ähnliches vor hatten. Zahlreiche Journalistenbesuche und deren Berichte sowie ein Film, den Gisela Marx im Auftrag des Bundesfamilienministeriums drehte, sorgten quasi für bundesweite Resonanz.)

Wir waren alle ein wenig stolz auf unseren „Treffpunkt“. Und die Ideen gingen uns nicht aus. Einen geradezu umwerfenden Zuspruch fand das Kindersingen. Es begann mit einem kleinen Kreis, dann kamen so viele, dass wieder das Foyer der Stadthalle Platz geben musste. Angeleitet wurden die Kinder von Manfred Krieger mit seiner Gitarre.

Von den abendlichen Gesprächskreisen und zahlreichen Sonderveranstaltungen mit externen Referenten gingen immer wieder belebende Impulse aus. Ein ausgesprochener Glücksfall. Wir hatten in unseren eigenen Reihen viele kompetente Erzieherinnen, Lehrerinnen, eine Ärztin und Psychotherapeutin, sogar zeitweise eine Hobby-Floristin, die wunderschöne Wiesenblumensträuße mit uns band....

Das alles liegt jetzt lange zurück. Offenbar aber können sich die Kinder besser erinnern als wir Mütter. Denn von einigen ehemaligen Mitstreiterinnen höre ich, dass die längst erwachsenen Kinder heute noch schwärmen, zum Beispiel von unserer Tombola bei „Massa“,  heute „real“, die viel Geld in unsere Kasse brachte.

Und heute? Viele „Gründerinnen“ sind mittlerweile schon mehrfache Großmütter. Kein Wunder, dass wir mit Blick auf den Anfang schon von einem „Großelterngesprächskreis“ . Wäre vielleicht hin und wieder gar nicht schlecht, oder?

Marlene Stammnitz
(Geschrieben für die Festzeitschrift 2006 “30 Jahre Grünes Haus”)

v.l. I. Langner, M. Stammnitz, A. Staudt, M. Müller, M. Uhle-Fassing
(Ehemaligentreffen 2006)

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